Widersprüche innerhalb der Lorberschriften
Es mag müßig erscheinen, nach Widersprüchen in der Neuoffenbarung zu suchen. Gibt es nicht auch in der Bibel und in anderen bedeutenden Werken Widersprüche. Trotzdem haben sie nicht dazu geführt diese Werke zu verwerfen. Dennoch ist hier die Situation eine andere. Vier verschiedene Evangelisten beschreiben die Ereignisse um Jesus auf ihre Weise und aus ihrer Sicht. Dabei greifen sie teils auf eigene, teils auf fremde Erinnerungen und Quellen zurück. In der Neuoffenbarung von Jakob Lorber jedoch wird das gesamte Werk angeblich von Jesus selbst empfangen und von einem einzigen Menschen nach diesem inneren Diktat niedergeschrieben. Widersprüche oder auch nur konkurrierende Perspektiven müssten somit der Vergangenheit angehören. Zu erwarten wäre eine Offenbarung aus einem Guss, genau so, wie sich die Neuoffenbarung ja auch selbst versteht.
Doch auch hier enttäuscht die Neuoffenbarung von Jakob
Lorber. Schon der Vergleich zwischen einem einzigen
Kapitel (298) der "Jugend Jesu" und den entsprechenden
Stellen aus "Drei Tage im Tempel" zeigt, dass entweder
Jesus selbst nicht mehr weiß wie es wirklich war und
deshalb 16 Jahre später die Geschichte anders erzählt,
oder das "ursprüngliche Jakobusevangelium" Fehler
enthält. Aber warum sollte Jesus dann Lorber dieses
fehlerhafte Evangelium als "Jugend Jesu" diktieren,
wenn er es eigentlich besser weiß?
In der "Jugend Jesu" ist Cornelius in Jerusalem, gibt Joseph und Maria Wachen zur Suche nach Jesus mit und lädt zum Schluss die heilige Familie zu sich ein. In "Drei Tage im Tempel" ist er nicht einmal anwesend sondern in Tyrus.
In der "Jugend Jesu" kehren Joseph und Maria noch in der Nacht nach Jerusalem zurück, nachdem sie Jesus in der Herberge nicht gefunden haben. In "Drei Tage im Tempel" reisen sie eineinhalb Tage Richtung Nazareth und kommen erst nach drei Tagen wieder nach Jerusalem.
In der "Jugend Jesu" suchen Maria und Joseph mit den Wachen drei Tage lang ganz Jerusalem nach Jesus ab. In "Drei Tage im Tempel" finden sie ihn sofort auf Nachfrage in der Herberge namens "Nazareth".
Statt bei Cornelius übernachtet nach "Drei Tage im Tempel" die heilige Familie bei einem anderen Römer. Jesus segnet dessen Familie, Maria erzählt Geschichten aus Jesu Kindheit... - dieser andere Römer ist also definitiv nicht Cornelius.
Hier der Text im Einzelnen:
Jugend Jesu, Kapitel 298 | | Drei Tage im Tempel |
»(1) Von da an zog Sich Jesus zurück und verübte offen keine Tatenwunder mehr bis zur Zeit der Hochzeit zu Kana in Galiläa. (2) Nur im zwölften Jahre verübte der Knabe Jesus, da Er zum Feste nach Jerusalem zum ersten Male kam, im Tempel, wie es im Evangelium bekanntgegeben ist, ein Wunder unter den Gelehrten durch Seine Weisheit, – (3) welches Wunder ich, Jakob, da ich nicht zugegen war, mir erst später vom Herrn Selbst habe kundgeben lassen, das kurz beschrieben darin bestand:« |
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»(4) Im großen Gedränge verloren Joseph und Maria Jesum im Tempel und meinten, da Er nicht bei ihnen war, so würde Er sicher mit der Salome oder noch sonstigen Verwandten und Bekannten schon heimgezogen sein. (5) Und so gingen die beiden der Nazaräer-Karawane nach und trafen sie erst am Abende in der Herberge zwischen Nazareth und Jerusalem. (6) Da sie aber allda Jesum nicht fanden, da wurden sie sehr betrübt, nahmen einige Begleiter und zogen in der Nacht nach Jerusalem zurück.« |
| »(31,10) Meine Leibeseltern erwarteten Mich gleich den anderen in der bekannten Herberge, wohl wissend, daß Ich sie nicht verfehlen kann. Da aber der Nährvater Joseph bei einem Zeugschmied aus Damaskus sich einige Werkzeuge neu anfertigen ließ und schon vorauswußte, daß er nicht so bald fertig werde und wegen des Tragens ihn auch Meine recht leibeskräftige Mutter dahin begleitete, so gab er mehreren Verwandten und sonst wohlbekannten Nazaräern den Auftrag, falls er mit der Maria etwa zu spät wiederkehrete, daß sie Mich bis zur nächsten Station nur mitnehmen sollten, weil die beiden von dem bewußten Schmiede bei längerem Verweilen nicht wieder nach Jerusalem, was ihnen stark aus dem Wege läge, zurückzukehren für nötig hätten. (31,11) Also ward es abgemacht, und also auch getan. Die beiden verweilten lange, und als sie dann in die bewußte Station kamen, trafen sie daselbst wohl eine Menge bekannter und auch verwandter Nazaräer, aber Ich war nicht bei ihnen. Und diese meinten, daß Ich vielleicht mit einer früher abgegangenen Gesellschaft bis zur weitgelegenen Nachtherberge mitgezogen sei – was zu glauben Meine Eltern auch keinen Anstand nahmen und mit diesen gemächlich dahin zogen, wo sie aber erst nach Mitternacht ankamen. Nun, da war Ich auch nicht dabei! (31,12) Am frühen Morgen machten sie sich auf zu einer noch um ein bedeutendes weiter liegenden Herberge, aber auch da vernahmen sie nichts von Mir. Von da kehrten sie wieder hierher zurück, sind bereits in unserer Herberge angelangt und haben Mich auch zu ihrer großen Beruhigung erfragt und werden nun alsbald Mich mit einem kleinen Verweise hier auffinden!"« |
»(7) Da angelangt, ging Joseph sogleich zum Landpfleger Cornelius, der damals noch in Jerusalem das Land pflegte.« |
| »(23,07) Und wenn ich mich nicht irre, so ist mir bei einer Gelegenheit von dem Hauptmann Kornelius erst vor gar nicht langer Zeit von jener wunderbaren Geburt eines Knaben zu Bethlehem in einem leeren Schafstalle – wegen Mangel an besseren Herbergen – erzählt worden, und zwar mit einer großen Begeisterung und innigsten Teilnahme am damals höchst mißlichen Schicksal jener denkwürdigen Familie, und daß er sich oft darum erkundigte, aber seit deren Abreise von Ägypten nichts von ihr zu erfahren imstande war! Leider hat er sich in Staatsgeschäften nach Tyrus begeben müssen, sonst säße er ganz sicher hier!« |
»(8) Joseph gab dem ihm überaus freundlich entgegenkommenden Cornelius sogleich kund, was ihm begegnet ist, (9) und dieser gab dem Joseph sogleich eine römische Wache, mit der Joseph alle Häuser durchsuchen durfte. (10) Also durchstöberte Joseph nahe ganz Jerusalem und fand Jesum dennoch nirgends nach einem drei Tage langen Suchen. (11) Da ward es den beiden überaus bange; sie gaben die Wache dem Cornelius ganz traurig zurück und ließen sich nicht trösten von ihm.« |
| »(20,04) Ich habe dies nur angefügt, damit man später leichter begreifen wird, wie Meine Nähreltern Mich am dritten Tage als am Tage ihrer Rückkunft, und zwar gegen den Abend hin, ganz leicht haben finden müssen, da sie in der Herberge namens ,Nazareth‘ Mich ehest erfragt hatten, wo Ich Mich des Tages aufgehalten habe.« |
»(12) Da es aber schon ziemlich gegen den Abend an der Zeit war, da wollte sie Cornelius bei sich behalten. (13) Joseph aber sprach: "O edler Freund, ich will ja bei dir verbleiben diese Nacht, aber zuvor muß ich hinauf in den Tempel und will dort opfern Gott dem Herrn aus und in meinem traurigen Herzen, das wir verloren haben!" (14) Da ließ Cornelius den Joseph mit der Maria hinauf in den Tempel ziehen. (15) Und siehe, da fanden sie Jesum unter den Gelehrten sitzend, wie Er sie befragte, belehrte und ihnen auf ihre Fragen Antworten gab, daß sich darob alle höchlichst erstaunten; (16) denn Er erklärte ihnen die geheimsten Stellen aus den Propheten, belehrte sie über die Sterne, über ihre Bahnen, über ihr Grundlicht, über ihr zweites, drittes, viertes, fünftes und sechstes und siebentes Licht. (17) Also beschrieb Er ihnen auch das Wesen der Erden und zeigte ihnen den physischen, psychischen und geistigen Zusammenhang der Dinge – (18) und bewies allen die Unsterblichkeit der Seele auf eine so unerhörte Art, daß darob alle sprachen: (19) "Wahrlich, so etwas ist noch nie erhört worden! Ein Knabe von zwölf Jahren ist weiser in einem Finger als wir alle zusammengenommen!" (20) Da traten Joseph und Maria hin zu Jesum und sprachen zu Ihm: (21) "Aber warum doch hast Du uns das angetan?! – Siehe, wir haben Dich mit großen Schmerzen drei Tage lang gesucht und konnten Dich nicht finden!" (22) Jesus aber sprach: "Warum tatet ihr das? (Draußen nämlich mit Hilfe der Soldaten.) (23) Wußtet ihr denn nicht ehedem von dem Hause Meines Vaters, und daß Ich darin tun mußte, was da Meines Vaters ist?!"« |
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»(24) Die beiden aber verstanden diese Worte nicht, und Jesus folgte ihnen sogleich willig nach Hause, nachdem Er zuvor mit ihnen bei Cornelius übernachtet hatte.« |
| »(32,09) Hier erhoben sich auch die Templer, machten dem Römer eine tiefe Verbeugung und zogen dann bis auf Nikodemus ab. Dieser aber gab uns allerfreundlichst das Geleite bis zum großen Palast des Römers, der es sich durchaus nicht nehmen ließ, uns die kommende Nacht bei sich bei der auserlesensten Bewirtung zu beherbergen. Ich mußte sein Weib und alle seine Kinder segnen, und er sagte darauf: (32,10) (Der römische Richter:) "Nun erst ist meinem ganzen Hause das größte Heil und die höchste Ehre widerfahren; denn der Herr aller Herren und König und Kaiser aller Könige und Kaiser hat mein ganzes Haus heimgesucht und gesegnet!" (32,11) Daß darüber Meine Eltern höchst erbaut und ergriffen waren, läßt sich leicht denken, und sie vergaßen dieses Momentes nicht wieder. (32,12) Darauf wurden wir in den Speisesaal geführt, wo eine vortreffliche Mahlzeit unser harrte, die ganz besonders Meinen müden und hungrig gewordenen Eltern sehr wohl zustatten kam. (32,13) Bei der lange anhaltenden Tafel mußte die Maria alles über Meine Empfängnis und Geburt und noch eine Menge Daten aus Meinem Kindesleben dem Römer erzählen, worüber er stets in einen Enthusiasmus von Verwunderung ausbrach (der Römer kann also nicht Cornelius sein) und dabei oft ausrief: (32,14) "Und das wissen diese Tempelhelden – und glauben doch nichts!?" (32,15) Nach der Mahlzeit aber begaben wir uns zur Ruhe und am nächsten Tage verschaffte uns der Römer eine sehr bequeme Fahrgelegenheit bis nach Nazareth und versah den Joseph mit einem reichlichen Reisegeld, und Simon geleitete uns bis nach Galiläa, wo er in einem Flecken ein Geschäft zu besorgen hatte. Und so kamen wir ganz wohlbehalten wieder nach Nazareth, womit die Tempelszene ein Ende hat.« |
»(25) Die Gelehrten aber priesen die Maria überglücklich, daß sie ein solches Kind hatte. (26) Von da an zog Sich dann Jesus ganz zurück und verübte vor den Menschen bis in Sein dreißigstes Jahr kein Wunder mehr, und lebte und arbeitete dann wie ein jeder andere Mensch.« |
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| | »(32,16a) Daß Ich darauf bis in Mein dreißigstes Jahr von Meiner Göttlichkeit wenig mehr merken ließ, ist bekannt, und somit ist diese einzig richtige und wahre Mitteilung über die drei Tage im Tempel zu Ende.« |
Diese Widersprüche zwischen der "Jugend Jesu" und der
"Dreitagsscene" fielen auch dem Verleger Johannes
Busch auf. In einem Brief an den Herausgeber vom 11.
November 1860 erklärt deshalb Jakob Lorber mit Hilfe
"göttlicher Eingebung":
»Liebenswerthester Freund und Bruder im Herrn!
Ihre beiden werthen Briefe hätte ich Ihnen wohl schon früher beantwortet, wenn es dabei bloß nur auf meinen Willen ankäme; aber da ich nur dann Etwas thun darf, wann es dem Herrn genehm ist, so muß ich die Zeit mit aller Geduld abwarten, wo der Herr sagt: Nun kannst du auch Dieß und Jenes thun! - Und so denn behieß mich nun der Herr in Seiner Liebe, Gnade und Erbarmung auch an Sie wiedereinmal zu schreiben; ich schreibe daher sogleich, und lege unterdessen auf einige Stunden die Arbeit am großen Werke - auf die Seite, was ich wohl nie gerne thue, besonders wenn es sich um Sachen handelt, die bei einer tieferen Geistesbeleuchtung sich leicht von selbst ganz vortrefflich berichten lassen.
Ich weiß wohl recht gut, was der Herr, als Er mir vor etwa 18 Jahren die früheren Ereignisse kundgab, ansagte, das Er mir einmal in der Gabe der Dreitagsscene kund thun werde, und über was da Alles verhandelt werden würde. - Aber - einer höchst dummen Widerlichkeit zufolge, wollte mir der Herr die Dreitagsscene eigentlich speciell gar nicht geben, und sagte zu mir: "In dem großen Werke - wirst das Alles ohnehin erhalten, was da betrifft die materielle Weltenschöpfung und ihren Verband mit der Geisterwelt im ganzen endlosen Schöpfungsraume! -" Ich mußte mich damit zufrieden stellen, und auch meinen wenigen anderen Freunden war das recht. - Nur als Sie liebster Freund stets mich ersuchten, bat ich den Herrn zu öftern Malen, daß Er mir nur in einem ganz kurzen und gedrängten Abrisse Ihretwegen die einmal versprochene Dreitagsscene geben möchte! - Und da sagte Er: "Gut denn! - So werde Ich dir nur die Hauptsache geben; alles Andere wird ausführlichst im - neuen großen Werke Meiner Liebe, Weisheit und Gnade besprochen werden! -" Und also ist es auch nun der Fall. - Wenn in der Dreitagsscene demnach Manches abgeht, was - zu geben früher verheißen ward und was hie und da vielleicht auch in anderen Schriften aus der älteren Zeit angedeutet vorkommt, so macht das nun nichts; denn es kommt das Alles, und noch um ein Millionenfaches mehr in dem bereits 278 Halbbuch-Hefte starken Werke vor. -
Was den damaligen Landpfleger Cornelius betrifft, so war er de facto geheim dennoch in Jerusalem, wenn schon angeblich Geschäfte halber in Tyrus. - Denn die hohen Römer waren kluge Leute, und versuchten oft die untergeordneten Beamten dadurch, daß sie angeblich verreisten und unterdessen ihr Amt einem Anderen zum Verwalten einräumten! - Und das war denn auch bei der Gelegenheit der Knabenprüfung in Jerusalem der Fall. - Der Römische Prüfungs-Commissar wußte nichts von der stillen Anwesenheit des Cornelius; aber Joseph wußte durch eine innere Eingebung wohl darum, und hatte sich daher im Stillen auch zu ihm verfügt, und bekam von ihm auch, um was er ansuchte. - Und so geschah es denn auch, daß Cornelius in guter Verkleidung selbst die Verhandlungen im Tempel mit anhörte, während ihn der Commissar in Tyrus wähnte, und daher offen seiner nur als eines Abwesenden erwähnen konnte. -
Wenn Sie das, was ich Ihnen nun zum größten Theile vom Herrn Selbst neuerklärt dargestellt habe, so werden werden sie in der Dreitagsscene sicher keinen Anstand mehr finden. - Die Berichtigungen der "Hülsengloben" und der "sieben Geister" finden sie in dem eingeschlossenen Blättchen. -
In aller Liebe und wahrster Freundschaft
Ihr
Freund und Bruder
im Herrn.«
Zu den hervorgehobenen Erklärungen im Einzelnen:
"Wenn in der Dreitagsscene demnach Manches
abgeht, was - zu geben früher verheißen ward
und was hie und da vielleicht auch in anderen
Schriften aus der älteren Zeit angedeutet
vorkommt, so macht das nun nichts"
- natürlich kann "Jesus" die großen Erklärungen der Welt
für ein späteres Werk aufheben. Aber das ist gar nicht das
Problem. Nach der "Jugend Jesu" waren das die Themen
Jesu im Tempel:
»Und siehe, da fanden sie Jesum unter den
Gelehrten sitzend, wie Er sie befragte, belehrte
und ihnen auf ihre Fragen Antworten gab, daß
sich darob alle höchlichst erstaunten; denn Er
erklärte ihnen die geheimsten Stellen aus den
Propheten, belehrte sie über die Sterne, über
ihre Bahnen, über ihr Grundlicht, über ihr
zweites, drittes, viertes, fünftes und sechstes und
siebentes Licht. Also beschrieb Er ihnen auch
das Wesen der Erden und zeigte ihnen den
physischen, psychischen und geistigen
Zusammenhang der Dinge – und bewies allen
die Unsterblichkeit der Seele auf eine so
unerhörte Art, daß darob alle sprachen:
'Wahrlich, so etwas ist noch nie erhört
worden!'«
(Jugend Jesu, Kapitel 298, Vers 15-19a)
Von all diesen Themen redet Jesus in der
"Dreitagsscene" nur über die Propheten und auch die
Begeisterung der Priester und Pharisäer hält sich in
Grenzen.
"Was den damaligen Landpfleger Cornelius
betrifft, so war er de facto geheim dennoch in
Jerusalem (...) Der Römische Prüfungs-
Commissar wußte nichts von der stillen
Anwesenheit des Cornelius"
– dass das dem Richter nicht auffällt mag ja sein, aber
"Gott" hätte es schon damals auffallen müssen, als er die
"Dreitagsscene" diktierte. Warum fällt es ihm erst jetzt
wieder ein, nachdem der Verleger über diesen
Widerspruch stolpert?
"daß Cornelius in guter Verkleidung selbst die
Verhandlungen im Tempel mit anhörte, während
ihn der Commissar in Tyrus wähnte"
– das ist schon bemerkenswert. Denn als Joseph Jesus
sucht, gibt Cornelius ihm eine Wache mit und lässt ihn
drei Tage lang Jerusalem durchsuchen:
»Joseph gab dem ihm überaus freundlich
entgegenkommenden Cornelius sogleich kund,
was ihm begegnet ist, und dieser gab dem
Joseph sogleich eine römische Wache, mit der
Joseph alle Häuser durchsuchen durfte. Also
durchstöberte Joseph nahe ganz Jerusalem und
fand Jesum dennoch nirgends nach einem drei
Tage langen Suchen. Da ward es den beiden überaus bange; sie gaben die Wache dem
Cornelius ganz traurig zurück und ließen sich
nicht trösten von ihm.«
(Jugend Jesu, Kapitel 298, Vers 8-11)
Dabei wusste Cornelius doch genau wo Jesus war,
nämlich im Tempel, in dem er angeblich auch die ganze
Zeit war.
Auch andere Widersprüche klären sich dadurch nicht. In der "Jugend Jesu" kehren Joseph und Maria noch in der
Nacht nach Jerusalem zurück, nachdem sie Jesus in der
Herberge nicht gefunden haben. In "Drei Tage im
Tempel" reisen sie eineinhalb Tage Richtung Nazareth
und kommen erst nach drei Tagen wieder nach
Jerusalem. Wie die heilige Familie gleichzeitig beim
Richter und bei Cornelius übernachten kann erklärt
"Gott" leider auch nicht. Stattdessen räumt "Gott" ein paar
Irrtümer zu "Hülsengloben" und "Geistern" ein, die jetzt
schnell "berichtigt" werden sollen.
Solche Widersprüche betreffen natürlich nicht nur das
angeführte Kapitel und beziehen sich auch nicht nur auf
den historischen Kontext:
In "Naturzeugnisse" hat der trichterartige Krater am
Nordpol einen Durchmesser von hundertundachtzig
Meilen, in "Die Erde", Kapitel 7 Vers 6 sind es nur 20-30
Meilen.
In "Naturzeugnisse" sind die höchsten Berge der Erde am
Südpol und etwa 20 Meilen hoch, nach "Die natürliche
Sonne", Kapitel 10, Vers 6, gibt es aber auf der Erde
keine Berge, die höher als eine Meile sind.
Laut "Die Erde" Kapitel 5 übernimmt das Herz der Erde
die Aufgabe der Lunge, aber in Kapitel 8 wird die Lunge
der Erde dann ausführlich beschrieben.
In "Die Erde", Kapitel 8 hat der Mond ausdrücklich
keinerlei Einfluss auf Ebbe und Flut, in "Der Saturn",
Kapitel 13 Vers 3 hat der Mond einen Einfluss.
Sowohl nach der "Jugend Jesu", wie auch nach "Drei
Tage im Tempel" (s. S. 83) vollbrachte Jesus bis zu
seinem 30. Lebensjahr keine Wunder mehr. Das Große
Evangelium Johannes, Band 7 berichtet dagegen von
Kapitel 205 an über 24 Kapitel von Wundertaten Jesu in
seinem 20. Lebensjahr.
Selbst bei Glaubens- und Lehraussagen widerspricht sich
"Jesus" selbst (z. B. Großes Evangelium Johannes, 1.
Band, Kapitel 169, Vers 18 und Jugend Jesu, Kapitel
288, Vers 24a)
Die Liste ließe sich beinahe endlos fortsetzen.
Selbst von einem durchschnittlich begabten Romanautor
erwartet man, dass er innerhalb seiner Geschichten den
Überblick über seine Hauptpersonen, wie hier Cornelius,
behält. Wie viel mehr kann man das dann von Gott
erwarten – noch dazu dann, wenn "Gott" die
Neuoffenbarung extra diktiert, um solche "Fehler" der
Bibel zu beseitigen und den Menschen ein "reinstes
Gotteswort" zu offenbaren. "Korrekturen in
eingeschlossenen Blättchen" steigern darum nicht gerade
das Vertrauen in die Zuverlässigkeit dieses "Inneren
Wortes". Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Jakob
Lorber selbst nicht mehr bereit oder fähig war, die sich
anhäufenden Widersprüche zu ignorieren oder mit immer
neuen nachgeschobenen Verbesserungen zu korrigieren.
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