Bekenntnisse der Lorbergemeinschaft

Das Lesen der Neuoffenbarung mit dem Herzen führt letztlich ebenfalls zu Problemen. Vielleicht bedarf es aber auch nur einer eingehenden "Schulung" des Herzens durch die Neuoffenbarung, um sie mit dem Herzen richtig verstehen zu können. Vielleicht ist eine solche "Schulung" nötig, um "göttliche" Liebe in der Neuoffenbarung und in anderen Texten finden zu können, in denen sie sonst keiner vermutet:

»(...) und die Liebe zum Allvater ernsthaft als eine unbedingte, erste Lebensgrundlage von Volk und Staat erkennt und mit Tatkraft und Entschiedenheit in einer über dem Konfessionshader stehenden, weitherzigen, christlichen Form zur allgemeinen Geltung zu bringen strebt. Dies kann jedermann schon aus seinem Buche "Mein Kampf" entnehmen, das jeder Deutsche, der hier mitreden will, gelesen haben muss.«
Das Wort: Heft 6, 1933.
Zeitschrift der Freunde des Neu-Salems-Lichtes.
13. Jahrgang Bietigheim: Neu-Salems-Verlag, 1933, S. 174
Artikel: "Der neue Staat und das Neusalemslicht"

Ablichtung der Zeitschrift


Auch Demokratiefeindlichkeit, das Bild des Untermenschen und den Führerkult haben Neuoffenbarungsfreunde schon aus der Neuoffenbarung verinnerlicht:

»Bei dieser demokratischen Ordnung kommen zwangsläufig die niederen, selbstischen Triebe der "Masse", des Durchschnitts- oder gar Untermenschen zur Geltung. (...) Das von Adolf Hitler zum maßgebenden Staatsgrundsatz erhobene Führerprinzip bedeutet demnach einen großen geistigen Fortschritt in unserem Staatsleben, der sowohl den Lehren der Geschichte wie unseren Neusalemsschriften (Lorberschriften) entspricht.«

Das Wort: Heft 6, 1933.
Zeitschrift der Freunde des Neu-Salems-Lichtes.
13. Jahrgang Bietigheim: Neu-Salems-Verlag, 1933, S. 176
Artikel: "Der neue Staat und das Neusalemslicht"

Ablichtung der Zeitschrift


Das klingt, als wären Leser der Neuoffenbarung durch ihre Lektüre von „Gott“ bereits tief im Herzen zu vorbildlichen Nazis geformt worden. Wir erinnern uns:

»Geistig, politisch und wirtschaftlich sehen wir also die Gedanken und Bestrebungen Adolf Hitlers in weitgehendster Übereinstimmung mit den schon vor fast 100 Jahren durch den großen deutschen Seher und Gottesboten Jakob Lorber enthüllten, in den "Neusalemsschriften" niedergelegten Lehren.
Wir Neusalemsfreunde (Lorberfreunde) bedürfen daher keiner "Umstellung" oder "Neueinstellung" gegenüber dem neuen Staate. Die "Gleichschaltung" hat der oberste Lenker der Staats- und Völkergeschichte schon dadurch vollzogen, daß Er dem Erwecker und Führer des neuen Deutschland (Adolf Hitler) die gleichen Grundgedanken ins Herz geflößt hat wie seinem vorausgesandten Rüstzeuge Jakob Lorber.
Namens der Neu-Salems-Gesellschaft E.V. in Bietigheim, Württemberg
der Vorstand: Otto Zluhan. Fritz Enke.
der Schriftleiter: Dr. Walter Lutz.«

Das Wort: Heft 6, 1933.
Zeitschrift der Freunde des Neu-Salems-Lichtes.
13. Jahrgang Bietigheim: Neu-Salems-Verlag, 1933, S. 177
Artikel: "Der neue Staat und das Neusalemslicht"

Ablichtung der Zeitschrift


Was soll man dazu noch sagen?

»Weiterer Worte bedarf es nach dieser Gegenüberstellung: Hitler-Lorber nicht. Wir Freunde des Neusalemslichts können uns freuen, daß der himmlische Vater heute auf so manchem Gebiete Seinen Geist so kräftig durchdringen läßt und uns die Wahrheit und Herrlichkeit unserer Neusalemsschriften dadurch bestätigt.«

Das Wort: Heft 11, 1933.
Zeitschrift der Freunde des Neu-Salems-Lichtes.
13. Jahrgang Bietigheim: Neu-Salems-Verlag, 1933, S. 338

Ablichtung der Zeitschrift


Viel Zeit zum Freuen blieb nicht. Versammlungen von Neuoffenbarungsfreunden wurden schon bald von der Gestapo überwacht, Lorberanhänger verhört und schließlich Verlag und Gesellschaft 1937 durch Heinrich Himmler verboten. Otto Zluhan brachte man für einige Zeit in das Konzentrationslager Welzheim.

Die Grauen des Dritten Reiches führten natürlich auch unter Lorberfreunden zu einer Neubewertung des Nationalsozialismus. Die Konsequenzen für die Lorberschriften stehen dagegen bis heute aus. Dabei wurde das antisemitische, rassistische Potential der Neuoffenbarung nicht erst nach der Sensibilisierung durch die selbst erlittene Ungerechtigkeit deutlich. Die Übereinstimmung zwischen Hitlers und Lorbers Ideen waren offenbar von Anfang an unübersehbar. Sie drängten sich dem Verleger geradezu auf.

Es wäre deshalb falsch, Lorberanhängern Irrtümer der Vergangenheit vorzuwerfen. Wie hätten sie Hitlers Ideologien auch kritisch sehen können, wenn sie in ihnen die Botschaft Jakob Lorbers, von Gott diktiert, wiedererkennen?

Antisemitische Stellen werden natürlich weiterhin zensiert. Aber reicht das aus?


Bevölkerung vor den Opfern eines Konzentrationslagers
Quelle: http://projektleben.chapso.de/holocaus-s336726.html


Verschweigen, verharmlosen und verdrängen waren auch nach dem Ende des Holocaust verbreitet. Es war deshalb wichtig und richtig, die Bevölkerung mit den Grauen des Völkermordes zu konfrontieren. So sahen die Menschen die Wahrheit hinter den Lügen und der Propaganda und nur so konnten sie zu einem neuen, einem realistischeren Bild des Dritten Reiches kommen. Zensur hilft dabei nicht.

Es stellt sich die Frage, ob neben der Neubewertung des Nationalsozialismus durch Lorberfreunde nicht auch eine Neubewertung der Neuoffenbarung als ganzes notwendig wäre.


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