Erde und Mond – Die Geschichte einer Fälschung
Als eines der wenigen Werke wurden "Naturgemäße und
spirituelle Verhältnisse des Mondes, mit einem
Nachtrage über das magnetische Fluidum und einem
Vorworte über den eigentlichen Sinn von St. Matth.
XXIV, 30 und den geistigen Frühling." von der E.
Schweizerbart'schen Verlagshandlung und Druckerei,
1852 und "Außerordentliche Eröffnung über die
natürliche und methaphysische oder geistige
Beschaffenheit der Erde und ihres Mittelpunktes, mit
besonderem Bezug auf das Grundsein, so wie auf
Bestimmung, Leben und Ziel der in, auf und – in den
Luft- und Aether-Regionen – über ihr befindlichen
Wesen." in Kommission der Louis Mosché'schen
Buchhandlung in Meißen, 1856, noch zu Lebzeiten von
Jakob Lorber gedruckt und veröffentlicht.
In der zweiten Auflage von 1883 wurden beide Werke als
"Die Erde und der Mond" zusammen gebunden und mit
Nachtrag und Inhaltsverzeichnis versehen. Dieses Buch
besteht aus dem Buch "Erde" und dem Buch "Mond".
Das Buch "Erde" ist wiederum in drei Teile unterteilt:
- Natürliche und geistige Darstellung des
Mittelpunktes der Erde
- Die geistige Erde
- Allgemeiner Blick auf die nicht-christlichen
Bewohner der Erde, mit besonderer
Berücksichtigung des geistigen Verbandes
zwischen ihnen und dem Himmel.
In der "zweiten Auflage" der zweiten Auflage (damit
eigentlich die dritte Auflage) wurde 1897 der dritte Teil
des Buches "Erde" entfernt. Statt dessen wurde eine
"Nachbemerkung" eingefügt:
»Hier folgte in der ersten Auflage (als Anhang)
Theil III der Erde, eine Betrachtung der
nichtchristlichen Völkerschaften, welche aber,
und je länger je mehr, ärgerliche Anstöße
verursachte, weil darin anscheinliche grelle
Widersprüche gegen die Ergebnisse der
Forschung in Geschichte und Völkerkunde
hervortraten. Und da gerade soeben, als der
Neudruck bis dahin fertig war, von befreundeter
Seite energisch warnend darauf hingewiesen
wurde, so sah der jetzige Herausgeber sich
veranlaßt, in diesem schwierigen Falle, wo es
doch seine Pflicht ist, die Treue der
Originalkundgabe zu wahren, und anderentheils
den Thatsachen Rechnung getragen werden sollte
(was wesentliche redaktionelle Abänderungen
erheischt hätte), sich direkt an den Herrn zu
wenden, - dieß that er, und erhielt den Bescheid:
"bei dem Neudruck diesen ärgerlichen Theil
einfach ganz wegzulassen, (...)"«
S. 242
Ab der nächsten Auflage wurde dann auch die
Nachbemerkung weggelassen und immer weiter
verändert. Nicht nur der dritte Teil wurde entfernt, auch
sonst wurde in beiden Büchern wild gestrichen und
angepasst. Daneben wurden andere Bücher der
Neuoffenbarung verändert. Die "göttliche Legitimation"
zur Entfernung des "ärgerlichen Teils" wurde offensichtlich ohne Hemmungen auf die gesamte
Neuoffenbarung ausgeweitet. Wie weit die Zensur bereits
bis 1983 ging und wie dreist dem Leser versichert wird,
der Inhalt sei vollständig, zeigte der Vergleich im letzten
Kapitel. Doch damit nicht genug. Statt Teil 1 und 2 zu
drucken und das Buch "Mond" anzuhängen, wurde "der
Mond" zu Teil drei des Buches gemacht, wodurch auch
nicht mehr auffällt, dass der dritte Teil eigentlich fehlt.
Die Auflage von 1983 beginnt nicht wie die Erstauflage
bei Seite 1 sondern bei Seite 15 und die einzelnen Seiten
sind im Vergleich zur Erstauflage mit so wenig Text
bedruckt, dass das Ende vom 2. Teil auf die Seite 223
fällt, wodurch diese Auflage scheinbar gut zur
Erstauflage passt, in der das Ende vom 2. Teil auf Seite
222 fällt. Auch dieser Umstand täuscht über die
Veränderungen und vor allem deren Umfang hinweg.
Auch das Ende von Teil 2 wurde, wie bereits erwähnt,
verändert, so dass die Fälschung des "reinsten
Gotteswortes" nicht auffällt. Statt mit den Worten:
»(...) es ist demnach in dieser Hinsicht Alles
erschöpft. - Da aber auf der Erde nicht nur allein
Christen, sondern auch andere Einwohner leben,
so wollen wir, um der Einseitigkeit dieser
Mittheilung zu begegnen, auch für's Nächste
diesen anderen Einwohnern einige Betrachtungen
widmen.«
endet Teil 2 in der Auflage von 1983 mit den Worten:
»(...) es ist demnach in dieser Hinsicht alles
erklärt.«
Viele Neuoffenbarungsfreunde wissen trotzdem von den
Kürzungen und fordern den Druck der ungekürzten
Version. Und so bietet der Lorber-Verlag inzwischen
(Stand September 2011) auf seiner Internetseite zwei
Versionen von "Erde und Mond" an: Eine "gekürzte,
sprachlich bearbeitete Ausgabe" und eine "ungekürzte
Ausgabe in Fraktur, 1953". Und manch ein gutgläubiger
Leser meint nun, mit der frühen, "ungekürzten Ausgabe"
in der alten Frakturschrift, nun endlich die
Neuoffenbarung so lesen zu können, wie sie Jakob
Lorber einst geschrieben hat. Dabei ist die "ungekürzte
Version" von 1953 bereits gekürzt, da die Kürzungen
schon 1897 begannen. Auch hier fehlt unter anderem
Teil 3. Entsprechend endet Teil 2 in dieser Auflage mit:
»(…) es ist demnach in dieser Hinsicht alles alles
erschöpft. Und somit – Amen!«
Statt die Erstauflage nachzudrucken wird dem Leser eine
Auflage als "ungekürzt" angepriesen, die über fünfzig
Jahre durch die Mühlen der Zensur ging. Und wieder
muss sich der Leser mit einer Fälschung der
Neuoffenbarung zufrieden geben.
Tragisch ist nur, dass gerade der Verlag, der eigentlich
für die Bewahrung der Offenbarung Lorbers zuständig
ist, deren Veränderungen zu verantworten hat.
Auskünfte, in wieweit heutige Bücher noch etwas mit der
Neuoffenbarung zu tun haben, müsste eigentlich der
Verlag geben. Aber was hat man von dort zu erwarten,
wenn man dort den Bock als Gärtner antrifft? Selbst
wenn der Lorber-Verlag eines Tages wider Erwarten die
Handschriften Lorbers veröffentlichen sollte, bleiben bei Berücksichtigung der bisherigen Geschichte berechtigte
Zweifel an deren Vollständigkeit. Wer weiß, welche
"ärgerlichen Teile" dann auf "göttliche" Anordnung hin
"einfach weggelassen" werden. Was hat Lorber wirklich
alles geschrieben? Wie unsinnig, widergöttlich oder
psychisch auffällig sind die Texte, die zensiert wurden?
Wir werden es, von Ausnahmen abgesehen, wohl nie
erfahren.
Die verschlossenen Manuskripte Jakob Lorbers beim Lorber-Verlag
Quelle: Briefe Jakob Lorbers. Neu-Salems-Gesellschaft, Bietigheim 1931, S. 173
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